Vom „Wort des Königs“ zu den „mittelassyrischen Gesetzen“
Unterprojekt von Prof. Dr. Eva Cancik-Kirschbaum
In der Mitte des 2. Jt. v.Chr. entsteht mit dem mittelassyrischen Königtum ein bestimmender Machtfaktor in Nordmesopotamien, der eigenständige Entwicklungen mit Übernahmen aus Nachbarkulturen verbindet. Dieses Unterprojekt untersucht die Entstehung verschrifteten, epistemischen Rechtswissens und seine Wechselwirkung mit der zeitgenössischen Rechtspraxis. Während Urkunden juristischen Inhalts aus dem 14.–12. Jh. v. Chr. die Rechtspraxis dokumentieren, repräsentieren die Mittelassyrischen Gesetze und die Hof- und Haremserlasse, die im 12. Jh. v. Chr. ihre endgültige Fassung erfahren, das systematisierte Rechtswissen. Die rechtgeschichtliche Bedeutung dieser Sammlungen ist gut erforscht, wohingegen Genese und Funktion(en) kontrovers sind. Das Projekt vertritt die These, dass die territoriale Expansion den assyrischen Staat mit fremden Rechtspraktiken sowie der Notwendigkeit konfrontierte, Rechtsgestaltungen an die Erfordernisse territorialer Herrschaft anzupassen. Vor dem Hintergrund der Urkunden untersucht das Projekt die Rolle politisch-sozialer Situative, älterer lokaler Traditionen und praktizierter Kulturkontakte mit Babylonien für die Herausbildung systematisierter Wissensbestände, was Systematisierungsprozesse anstieß, und wie sie erfolgten.