Personaler und apersonaler Wissenstransfer im Praxis- und Diskursraum antiken Übungswissens
Unterprojekt von Dr. Alessandro Stavru
Das Unterprojekt befragt griechische und lateinische Testimonien über antike Vertreter asketischer Lebensformen (u.a. Pythagoras, Sokrates, Diogenes von Sinope, Musonius Rufus, Epiktet, Seneca) auf verschiedene Formen und Ausprägungen von Wissenstransfer im Feld von Philosophie und Religion (u.a. Mark Aurel, Plotin, Porphyrios). Aus den zu studierenden Texten geht hervor, dass die Vermittlung von Wissen darüber, wie zu üben sei und welchen Zielen diese Übung diene, in Form personalen und apersonalen Wissenstransfers erfolgte. Anleitungen und Informationen zu iterativen Übungshandlungen (wie die der askesis, der melete, der gymnasia im griechischen, des exercitium, der cura und des studium im lateinischen Sprachraum) wurden sowohl durch Einzelakteure als auch in verschriftlichter Form gegeben. Dabei spielten Transferformen zwischen nicht-propositionalen, non-verbalen Wissensanteilen und verbalen, propositionalen Wissensformen auf vielfältige Weise ineinander. Zum einen mündete körpergebundenes, praktisches Übungswissen oft in eine Episteme, die in vielfältigen Prozessen weiter transferiert wurde; zum anderen entwickelte sich Übungswissen in seinen verschiedensten Ausprägungen gerade im Anschluss an und als Folge von epistemischen Wissensanteilen. Diesen Formen des Transfers und des gegenseitigen Ineinanderwirkens von Übungswissen und Episteme geht das Unterprojekt in detaillierten Studien nach. Transfer im Praxis- und Diskursraum antiken Übungswissens erfolgte zum einen interpersonell und dynamisch (z.B. innerhalb Lehrer-Schüler-Verhältnisse) – und hier sowohl (a) non-verbal, durch Vorleben und learning by doing (tropos tou biou), als auch (b) verbal, durch Sprechen und Zuhören (symbola/akousmata) –, zum anderen apersonal und dogmatisch, als Ergebnis von Distribution von kanonisiertem Wissen in verschriftlichten „Lehren“. Das Unterprojekt hat das Ziel, bei der Schilderung der Analyse dieser Vermittlungsvorgänge insbesondere die Dynamiken zu verfolgen, die sich aus der Interaktion von Wissensträger, -objekt und -kontext ergaben.