Konferenz des philosophiegeschichtlichen SFB-Teilprojekts mit Wilhelm Schmidt-Biggemann
Die erstaunliche Wirkungsgeschichte Jakob Böhmes (1575–1624) ist noch weitgehend unausgearbeitet. Das ist ein befremdlicher Befund, denn Böhme ist der meistzitierte und -gelesene deutschsprachige Autor zwischen Luther und Leibniz; und seine Ideen wirken, gleichviel ob verstanden oder missverstanden, bis in die Gegenwart. Böhme ist nicht nur für die Geschichte der theologischen und religiösen Spiritualität der Neuzeit ein Schlüsselautor, sondern er hat in alle europäischen Literaturen, in die Philosophie und die bildenden Künste hineingewirkt.
Eine der Herausforderungen der zu schreibenden Wirkungsgeschichte besteht darin, wie denn die Rezeption Böhmes, der schon zu seinen Lebzeiten ein umstrittener Autor war, überhaupt bewertet und klassifiziert werden kann. Handelt es sich um Sektenbildung von Gläubigen, um teilhabende Einsicht in prophetische Visionen, um Scharlatanerie, um eine Ersatzreligion, um Poesie? Wie ist Böhmes eigentümliche Terminologie zu begreifen, für die er selbst schon ein Wörterbuch angelegt hat? Und das Bemerkenswerteste an dieser Rezeption ist die Tatsache, dass Böhme trotz all dieser terminologischen Probleme übersetzt worden ist, ins Englische, Holländische, Französische, Russische, und dass seine Bildlichkeit Anlass für vielerlei Werke der Kunst geworden ist.
Diese Tagung versteht sich als ein erster Schritt zur Erforschung der Nachwirkung Böhmes und setzt an bei den ersten Übersetzungen ins Englische und ins Französische sowie einer neuen deutschen Böhme-Ausgabe im 19. Jahrhundert, die von Schelling und Hegel, Baader, Schleiermacher, Brentano und Görres gelesen wurde. Es wird diese Phase der Rezeption erkundet als eine Art Angelpunkt, von dem aus in Richtung einer umfassenderen Geschichte der Böhme-Rezeption geblickt werden kann.
Programm (Änderungen vorbehalten):
Dienstag, 6. Februar 2024
9:30–10:00 Uhr
Begrüßung, Einführung in das Tagungsthema.
Anne Eusterschulte, Wilhelm Schmidt-Biggemann, Fritz Vollhardt
10:00–11:00 Uhr
Stefan Michels (Frankfurt)
Meistertheologie. Theologiegeschichtliche Anmerkungen zu Denken Jacob Böhmes
11:00–11:30 Uhr: Kaffeepause
11:30–12:30 Uhr
Jan Rohls (München)
Böhme in der deutschen protestantischen Theologie um 1800
12:30–14:00 Uhr: Mittagspause
Leitung: Anne Eusterschulte und Wilhelm Schmidt-Biggemann14:00–15:00 Uhr
Cecilia Muratori (Pavia)
Die Reinheit des Denkens. Böhme in der philosophischen Historiographie des 19. Jahrhunderts
15:00–16:00 Uhr
Alberto Bonchino (Dresden)
Baaders philosophische Kugel. Zur Transformation der Mystik Jacob Böhmes in der Metaphysik Franz von Baaders
16:00–16:30 Uhr: Kaffeepause
16:30–17:30 Uhr
Fritz Vollhardt (München)
Die Böhme-Rezeption in der Literatur nach 1780. Eine kritische Würdigung
17:30–18:30 Uhr
Günter Bonheim (Stuttgart)
Hirtenbrief an die wahren und ächten Freimaurer (1785)
19:00 Uhr: Gemeinsames Abendessen
Mittwoch, 7. Februar 2024
Leitung: Fritz Vollhardt9:30–10:30 Uhr
Florian Mehltretter (München)
Spiegel und Saitenspiel. Böhme-Rezeption beim späten Saint Martin
10:30–11:30 Uhr
Wilhelm Schmidt-Biggemann (Berlin)
Saint Martin als Übersetzer Böhmes
11:30–12:30 Uhr
Witalij Morosow (Sankt Petersburg/Amsterdam)
Alexander Labsin (1766–1825) als mystischer Schriftsteller und Böhme-Interpret
12:30–13:15 Uhr
Anne Eusterschulte (Berlin)
Schlussbetrachtungen
13:15 Uhr: Mittagsimbiss
Zeit & Ort
06.02.2024 - 07.02.2024
Freie Universität Berlin
Villa des SFB Episteme in Bewegung
Schwendenerstraße 8
14195 Berlin-Dahlem
Weitere Informationen
Anmeldung unter: info@sfb-episteme.de