Wunderkammern – Materialität, Narrativik und Institutionalisierung von Wissen
Zweiter Teil des vom Teilprojekt B02 „Das Wunderbare als Konfiguration des Wissens in der Literatur des Mittelalters“ (Jutta Eming, Falk Quenstedt, Tilo Renz) veranstalteten Workshops in Verbindung mit der Professur für ältere und frühneuzeitliche deutsche Literatur und Kultur der Technischen Universität Dresden (Marina Münkler, Martin Sablotny)
In den europäischen Wunderkammern der Frühen Neuzeit werden materielle Objekte, die aufgrund besonderer Eigenschaften dazu imstande sind, das Staunen der Betrachter auszulösen, einem exklusiven Publikum präsentiert. Die gezeigten Stücke sind nach je eigenen Kriterien geordnet und machen durch diese Zusammenstellung Besuchern einerseits Wissen verfügbar, andererseits dienen sie aber auch der Repräsentation von Institutionen und Herrschaft. In einem Doppelworkshop, der nacheinander in Berlin (18.-19. Sep. 2019) und in Dresden (5./6. Dez.2019) stattfinden wird, sollen formale und funktionale Aspekte von Wunderkammern hinsichtlich ihres Zusammenspiels von Materialität und Narrativik untersucht werden. Der zweite Teil des Workshops widmet sich spezifischen Aspekten der Funktionalisierung von Wunderkammern im Zusammenhang politischer, vorwiegend höfischer Repräsentation. Kulturelles und symbolisches Kapital werden bei der Einrichtung solcher Kammern zum einen durch die Möglichkeit des Zusammentragens von ‚Kostbarkeiten‘ generiert, zum anderen aber auch durch die hiermit verbundene Repräsentation von Wissen. Durch das Sammeln, Kombinieren, Unterscheiden und Erzählen von Artificialia, Naturalia und Exotica werden dabei in verschiedener Weise Wissensbereiche definiert und institutionell verfestigt, die sich von anderen Formen der Institutionalisierung von Wissen, etwa an der Universität, unterscheiden. Die Sammlungen selbst und auch ihre Darstellungen in Form von Texten sollen auf Reflexionen dieser spezifischen Funktionen hin untersucht werden: Inwieweit machen sie den Anspruch kenntlich, neue Möglichkeitsräume für Wissensproduktion zu eröffnen und gleichsam einzugrenzen? Wie wirkt sich das Repräsentationsinteresse der Besitzer von Sammlungen auf deren inhaltlich-materielle Zusammensetzung aus? In welchen erzählerischen Kontexten finden sich Würdigungen und kritische Auseinandersetzungen mit der repräsentativen Funktionalisierung wissenschaftlicher Sammlungsstücke? Der Workshop versteht sich als Versuch, die Forschung zu Schnittstellen zwischen Literatur- und Museumsgeschichte für die Mediävistik- und Frühneuzeitforschung produktiv zu machen. Die Veranstaltungen sollen ein die Wunderkammern kennzeichnendes produktives Wechselverhältnis von Narrativik und Materialität herausstellen und Antworten auf die Frage suchen, wie sich Formen und Funktionen des Erzählens sowie des Sammelns von Objekten des Wissens gegenseitig beeinflussen.
Programm
5. Dezember (Moderation: Marina Münkler)
12:45 Uhr |
Marina Münkler (Technische Universität Dresden) Begrüßung und Einführung |
13:00 Uhr | Stefan Laube (Humboldt-Universität zu Berlin) Schau auf mich und staune! Narrative Räume in Kunst- und Wunderkammern |
14:00 Uhr | Ute Frietsch (Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel) Coagula et Solve: Konzept und Geschick der Kunstkammer von Rudolf II. |
15:00 Uhr | Kaffeepause |
15:30 Uhr | Dirk Syndram (Staatliche Kunstsammlungen Dresden) Die Dresdner Kunstkammer vorgestellt am Beispiel der Ausstellung ‚Weltsicht und Wissen um 1600‘ (Besuch der Ausstellung, Vortrag und Diskussion) |
17:00 Uhr | Peter Plaßmeyer (Staatliche Kunstsammlungen Dresden) Ordnung und Kontext in der Dresdner Kunstkammer des 16. Jahrhunderts (Besuch des Mathematisch-Physikalischen Salons, Vortrag und Diskussion) |
6. Dezember (Moderation: Jutta Eming)
09:00 Uhr | Martin Sablotny (Technische Universität Dresden) Der Sammler – Eine Figuration von Wissen als Kapital |
10:00 Uhr | Robert Felfe (Johannes Gutenberg Universität Mainz) Die "Dinge selbst" und die Sprache der Experten. Seitenwege zum Museum als Institution? |
11:00 Uhr | Kaffeepause |
11:30 Uhr | Eva Dolezel (Staatliche Museen zu Berlin) Das Museum im Buch. Museologie um 1700 |
12:30 Uhr | Abschlussdiskussion und Ausblick |
Zeit & Ort
05.12.2019 - 06.12.2019
Technische Universität Dresden
Weitere Informationen
Eine Anmeldung ist erforderlich: sekretariat-mediaevistik@mailbox.tu-dresden.de