Tagung konzipiert und organisiert in Kooperation mit dem philosophischen Teilprojekt B03 "Imaginatio. Imaginatives Sehen und Wissen – Theorien mentaler Bildlichkeit in Philosophie und Theologie des Mittelalters" unter der Leitung von Prof. Dr. Anne Eusterschulte
Die Tagung Berlin Ediert! ist ein Kooperationsprojekt der Forschungsgruppe „Edition Practices“, die von Glenn W. Most (Pisa/Chicago) im Rahmen des von der Alexander von Humboldt-Stiftung verliehenen Anneliese Maier Forschungspreises ins Leben gerufen wurde, mit dem SFB 980 Episteme in Bewegung. Wissenstransfer von der Alten Welt bis in die Frühe Neuzeit und dem Exzellenzcluster Temporal Communities – Doing Literature in a Global Perspective (Research Area III: Future Perfect).
Die Tagung macht es sich zum einen zur Aufgabe, in Berlin ansässige Editionsprojekte in einen Dialog zu bringen und damit Berlin als traditionsreiches Zentrum bedeutender Editionen wieder sichtbar zu machen. Zum anderen verfolgt die Tagung das Ziel, den wissensgeschichtlichen Status von Philologien innerhalb der Geistes- und Humanwissenschaften in den Fokus zu rücken und hierbei insbeondere aus transkultureller, komparativer Perspektive zu zeigen, dass und wie Texteditionen den Transfer von Wissen bzw. die Entstehung von Traditionsbildungen bestimmen. Um hier sowohl einer kulturübergreifenden als auch einer longue durée-Perspektive gerecht zu werden, sind im Rahmen der Tagung Editionen zur Vorstellung ihrer Editionsarbeit, ihrer Textbestände und philologischen Verfahren eingeladen, die sich in unterschiedlichen kulturellen Manuskriptkulturen und Zeiträumen situieren.
An Editionen werden Dimensionen einer Konstitution vonTemporalstrukturen aber auch hieran gebundene Dynamiken von Wissensvermittlung und damit eines Wissenstransfers evident: Editionen bereiten Textbestände und Manuskriptüberlieferungen für eine zukünftige Leserschaft vor. Sie konstituieren über Verfahren der Sichtung, Erschließung, Auswahl, Sammlung und Zusammenstellung sowie über kritisch-hermeneutische Verfahren der Textaufbereitung, Kommentierung und Textdisposition sowie schließlich über die jeweilige Gestaltung von Textausgaben Referenztexte für eine nachhaltige Bewahrung und Vermittlung. Editionsphilologie und ihre Verfahren besitzen eine Schlüsselfunktion in Hinsicht auf Prozesse der Wissensgenerierung und -veränderung. Sie bringen Wissensbestände in textualer Form in Umlauf, verschränken Traditionen, bestimmen Lesarten und Praktiken der Wissensaneignung nicht zuletzt in Hinsicht auf institutionelle Kontexte wie Schulbildungen, Bibliotheken, Archive, Gelehrtenzirkel oder Lehr- und Lernmethoden. Dabei greifen je unterschiedliche Editionsprinzipien und -verfahren im Umgang mit Überlieferungen, variierenden Textbeständen und Zeugnissen. Der 'Text', der über Editionen Publizität erhält, ist niemals etwas zeitlos Gegebenes, sondern jeweils selbst Produkt von temporalen Verständnisweisen editorischer Prinzipien und den praktizierenden Akteurskonstellationen (temporal communities). Dabei spielen kontextspezifische Strategien der Wissensvermittlung oder -aneignung für epistemische Transferprozesse ebenso eine maßgebliche Rolle wie ganz konkrete Fragen der medialen und materialen Präsentation von Wissen (Buchmedien, Genres, Gestaltungsweisen). Einerseits generieren Editionen über die Figurierung historischer Wissensbestände einen spezifischen Zugriff auf vergangene Wissenskulturen. Sie konstitutieren Textüberlieferungen bzw. identifizieren oder authentifizieren Traditionsbestände und beanspruchen vielfach, authoritative Text bereitzustellen. Editionen sind im diesem Sinne Medien, an denen sich Konzepte von Geschichtlichkeit manifestieren. Sie prägen Prozesse der Historisierung von Wissen. Kanonbildungen zeigen hier nicht zuletzt im transkulturellen Vergleich die unterschiedlichen Dynamiken von Wissensbewegungen und die Genese von Traditionen. Auswahl- und Ausschlussprinzipien in Hinsicht auf Quellenbestände und deren jeweilige Kontexte sind hierfür ebenso relevant wie etwa kommentierte Ausgaben oder Übersetzungen. Gleichzeitig antizipieren Editionen, sei es in Gestalt von Ersteditionen oder Erstveröffentlichungen aber auch in Form von revidierten Editionen bereits bekannterTextbestände nicht nur eine zukünftige Leserschaft sondern sie wirken sich in globaler Perspektive auf den Literaturmarkt, auf Kanonbildungen und insbesondere die Verflechtung von Texttraditionen und deren institutionelle Aneignung aus. Dieser Zukunftshorizont wird in Bezug auf aktuelle Editionspraktiken auch anhand digitalter Publikations- und Distributionsprinzipien zu diskutieren sein. In all diesen Hinsichten konstituieren Editionen Dynamiken von Temporalität und Wissenstransfer.
Die Konferenz wird dies in vergleichender Perspektive und auf materialorientierter Basis zur Diskussion stellen: Beteiligt sind die Kalila Wa-Dimna-Edition (Gründler/FU), die Avesta-Edition (Cantera/FU), die Hannah Arendt-Edition (Hahn, Wild, Kappelhoff, Vowinkel, Geulen, Eusterschulte/ Vanderbilt University, Bard College NY, ZZF, ZfL, FU), die Uwe Johnson-Edition (Helbig/ BBAW/Rostock), die Lohenstein-Edition (Neuber/FU) und die Leibniz-Edition (Wenchao Li/ Potsdam/BBAW).
Folgende Berliner Editionsprojekte stellen sich vor:
Corpus Avesticum Berolinense (Avesta Edition, FU Berlin)
Kalila wa-Dimna (Anonym Classic, FU Berlin)
Lohenstein Edition (FU Berlin)
Leibniz Edition (Potsdam/BBAW)
Uwe Johnson Edition (Rostock/BBAW)
Hannah Arendt Edition (FU Berlin, Vanderbilt University Nashville, Bard College New York, ZZF Potsdam)
Programm |
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Freitag, der 26.04.2019 9:00 Einführung: Glenn W. Most, Anne Eusterschulte 1. Sektion 9:30 Präsentation: Alberto Cantera (Avesta Edition, FU Berlin) Corpus Avesticum Berolinense. Avestan Ritual Texts 11:30 Kaffeepause 11:45 Response: Leibniz Edition 12:00 Gemeinsame Diskussion 13:00 Mittagspause 2. Sektion 14:30 Präsentation: Beatrice Gründler, Matthew Keegan, Khouloud Khalfallah, Mahmoud Kozae, Johannes Stephan, Isabel Toral, Rima Redwan, Jan van Ginkel und (AnonymClassic, FU Berlin) Kalila wa-Dimna-Edition 16:30 Kaffeepause 16:45 Response: Hannah Arendt-Edition 17:00 Gemeinsame Diskussion 19:00 Gemeinsames Abendessen
Samstag, der 27. 4. 2019 9:15 Begrüßung 3. Sektion 9:30 Präsentation: Wolfgang Neuber, Lothar Mundt, Thomas Rahn (Lohenstein Edition, FU Berlin) Daniel Caspar von Lohenstein Historisch-kritische Ausgabe der gesammelten Werke 11:30 Kaffeepause 11:45 Response: Avesta-Edition 12:00 Gemeinsame Diskussion 13:00 Mittagspause 4. Sektion 14:30 Präsentation: Wenchao Li, Stefan Luckscheiter, Stephan Waldhoff Leibniz-Edition. Historisch-kritische Gesamtausgabe - Reihe: Politische Schriften 16:30 Kaffeepause 16:45 Response: Uwe Johnson-Edition 17:00 Gemeinsame Diskussion 19:00 Abendessen
Sonntag, der 28. 4. 2019 9:15 Begrüßung 5. Sektion 9:30 Präsentation: Barbara Hahn, Ingo Kieslich, Thomas Wild, Annette Vowinckel (Vanderbild University Nashville, Bard College New York, FU Berlin, Hannah Arendt: Kritische Gesamtausgabe und Digitaledition 11:30 Kaffeepause 11:45 Response: Lohenstein-Edition 12:00 Gemeinsame Diskussion 13:00 Mittagspause 6. Sektion 14:30 Präsentation: Holger Helbig, Fabian Kassner, André Kischel, Christian Riedel Uwe Johnson-Werkausgabe – Historisch-kritische Edition 16:30 Kaffeepause 16:45 Response: Kalila wa-Dimna-Edition 17:00 Gemeinsame Diskussion 18-19:00 Abschlussdiskussion 20:00 Abendessen |
Zeit & Ort
26.04.2019 - 28.04.2019
Sitzungsraum des Topoi-Hauses, Hittorfstraße 18, 14195 Berlin-Dahlem
Weitere Informationen
Um Anmeldung wird gebeten: miro.hermann@posteo.de