Literatur und Wissen in der Vormoderne
Studientag organisiert von Tilo Renz (Teilprojekt B02) und Volkhard Wels (Teilprojekt A06), 18.02.2015
25.02.2015
Bericht von Tilo Renz und Volkhard Wels
Der Studientag hat den am Sonderforschungsbereich 980 beteiligten philologischen Disziplinen die Möglichkeit gegeben, über das Verhältnis von Literatur und Wissen in der Vormoderne zu diskutieren und einander wechselseitig über Forschungspositionen der einzelnen Fächer zu informieren. Ziel war es, die Relation von Literatur und Wissen für die Vormoderne in diachroner und transkultureller Perspektive differenziert zu betrachten. Kurzreferate haben Anglistik, Germanistik (ältere und neuere Abteilung), Gräzistik und Romanistik beigetragen; durch Diskutanten vertreten waren außerdem die Disziplinen Arabistik, Neogräzistik, Theaterwissenschaften und Wissenschaftsgeschichte. Vorgestellt und erörtert wurden sowohl Forschungspositionen als auch literarische Texte.
Den Ausgangspunkt der Diskussionen bildete die Debatte, die im Fach Neuere deutsche Literatur spätestens seit dem Jahr 2007 (mit initialen Beiträgen in der Zeitschrift für Germanistik und in der Zeitschrift KulturPoetik) zum Teil mit großer Vehemenz geführt worden ist. Allerdings wurde in dieser Debatte – so zumindest der Eindruck der Organisatoren des Studientags – die historische Dimension des Verhältnisses von Literatur und Wissen, insbesondere mit Blick auf die Vormoderne, bisher nur unzureichend berücksichtigt. Die Fragen, ob Wissen in Literatur enthalten sein und ob Literatur gerechtfertigter Weise als Wissensgeber angesehen werden kann, sind für den historischen Kontext der Vormoderne kaum so vehement zu bestreiten, wie einzelne Germanisten es für die Literatur der Moderne getan haben. Ganz im Gegenteil deuten die Befunde der am Studientag beteiligten Fächer darauf hin, dass Wissensvermittlung und Literarizität in der Vormoderne in der Regel eng miteinander verknüpft sind.
Die Diskussionen des Studientags konzentrierten sich vor allem auf das Problem, in welchem Verhältnis die Literarizität von Texten zur Funktion der Wissensvermittlung steht. Welche Begriffe sind für die Beschreibung der in der Vormoderne häufig zu beobachtenden Kombination von Literatur und Wissen verfügbar und welche können den literarischen Phänomenen und der historischen Semantik angemessen verwendet werden? Zu klären ist insbesondere, ob der Begriff der Fiktionalität für die Vormoderne geltend gemacht werden kann. In diesem Kontext ist die Nähe vieler literarischer Formen zu Historiografie und Lehrdichtung zu bedenken. Einzubeziehen ist auch die poetologische Reflexion des besonderen epistemischen Status literarischer Rede, die im romanischen Sprachraum spätestens seit dem 16. Jahrhundert stattfindet. Die poetische Praxis in volkssprachlichen literarischen Texten deutet darauf hin, dass Fiktionalität als ein spezifischer Modus der Aussage schon im Hochmittelalter etabliert wird. Sowohl mittelalterlicher als auch frühneuzeitlicher Literatur sind damit zugleich fiktionale und epistemische Elemente eigen. Wie kann dieses Nebeneinander erfasst werden? Sind spezifisch vormoderne Formen fiktionaler Texte in der Lage, valide Wissensgehalte zu vermitteln? Wäre es, um die epistemische Dimension vormoderner Literatur zu charakterisieren, nicht geboten, vom Terminus Fiktionalität weitestgehend abzusehen und statt dessen für die Beschreibung der formalen Besonderheiten wissenshaltiger literarischer Texte Begriffe wie Rhetorizität oder Artifizialität heranzuziehen?
Die Diskussion dieser Fragen wird fortgesetzt.
Programm des Studientags
9.30 |
Tilo Renz: |
10.15 |
Michael Krewet: |
11.00 |
Kaffeepause |
11.15 |
Falk Quenstedt: |
12.00 |
Jan-Peer Hartmann: |
12.45 |
Mittagspause |
13.45 |
Christina Schaefer: |
14.30 |
Simon Zeisberg: |
15.15 |
Kaffeepause |
15.30 |
Martin Urmann: |
16.15 |
Volkhard Wels: |