Prof. Dr. Jürgen Paul Schwindt, Universität Heidelberg: Die Umschrift des Todes – Zur ‚Realpräsenz‘ der Zeichen in Vergils Aeneis
Gastvortrag im Rahmen der Veranstaltungsreihe WissensFragen auf Einladung des Teilprojekts B07 "Die Anekdote als Medium des Wissenstransfers" (Leitung: Prof. Dr. Melanie Möller).
Der Vortrag präsentiert einen Ausschnitt aus neueren Heidelberger Untersuchungen zur Epistemologie des augusteischen Zeitalters. In intensiver Lektüre der überlieferten Texte erschließen sich die Koordinaten eines Denkens, das mit den herkömmlichen Interpretationen der „Klassischen Literatur“ nicht immer in Übereinstimmung zu bringen ist. Es ist Properz, der im ersten Buch seiner Elegien die Formen und Zeichen für eine neue Sprache und ein neues Denken des Todes konfiguriert hat. Ein Name für dieses Denken des Lebens aus dem Tode ist noch nicht gefunden. Seine Leistung aber kann klar bestimmt werden. In Vergils Aeneis entwickelt es eine ganz erstaunliche Produktivität.
Der Vortrag versteht sich als Beitrag zur Aufhellung der Wissensordnung(en) eines Textes, der sich ganz von den Rändern her entwirft und zur Darstellung bringt. Küsten, Mauern, Schwellen sind die motivisch gewordenen Versatzstücke dieses Bauplans. Um zu verstehen, wir die Aeneis denkt, müssen wir freilich tiefer graben und uns den „katabatischen Ordnungen“ und dem merkwürdigen Gebrauch der Schrift und der Zeichen zuwenden. Deutlich werden könnte so, wie der Prozess der Selbstbestimmung des Textes (als „Literatur“) mit der Entwicklung einer nachdrücklichen Dissidenz (als „Politik“) gegen populäre Heilserwartungen zusammengeht.
Jürgen Paul Schwindt ist seit 2000 Direktor des Seminars für Klassische Philologie der Universität Heidelberg. Er ist Sprecher der 2014 an der Universität Heidelberg wiederbegründeten Komparatistik (als „Klassischer und Moderner Literaturwissenschaft“) und Gründungsdirektor der „Internationalen Koordinationsstelle Theorie der Philologie“. Am Heidelberger SFB 933: Materiale Textkulturen leitet er das Teilprojekt C03: „Zeitformen – Raumformen. Strategien der Verhandlung von Materialität und Präsenz der Schrift in der augusteischen Literatur“.
Zeit & Ort
16.06.2017 | 10:00 c.t.
Sitzungsraum, SFB-Villa, Schwendenerstraße 8, 14195 Berlin-Dahlem
Weitere Informationen
Aufgrund der begrenzten Platzzahl bitten wir Nicht-SFB-Mitglieder um Anmeldung: info@sfb-episteme.de